Wolfgang Benkert war Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre einer der besten und mit Sicherheit einer der spektakulärsten Torhüter der DDR. Und er war einer der wenigen Erfurter Spieler, der Ende der 1970er Jahre ein Angebot eines sogenannten Schwerpunktclubs ausschlug und dem FC Rot-Weiß Erfurt treu blieb. Der FC Rot-Weiß Erfurt wünscht Molli alles Gute und viel Gesundheit zum 70.!

Zu seinem sportlichen Werdegang ein Auszug aus dem Archiv Olaf Schwertner (www.fussball-erfurt-online.de):


„Wolfgang Benkert spielte in seiner Jugendzeit ab 1959 zuerst bei Post Weimar, später bei der BSG Motor Weimar und dem FC Carl Zeiss Jena. Mit 19 Jahren wechselte er zum FC Rot-Weiß Erfurt, wo er nur wenig später Stammtorwart wurde. Insgesamt stand er zwischen 1972 und 1985 in 256 DDR-Oberligaspielen im Tor der Thüringer. 1985 wechselte er zur BSG Sachsenring Zwickau, wo er noch 13 weitere Oberligaeinsätze hatte. Danach spielte Benkert noch unterklassig bei Robotron Sömmerda und Motor Weimar und war nach der Wende noch als Spielertrainer bei Borussia Wuppertal tätig. In der Nachwuchsnationalmannschaft der DDR bestritt er drei Spiele, in der Olympiaauswahl des Landes kam er zu sechs Einsätzen. Im Alter von 33 Jahren bestritt er am 12. September 1984 in Zwickau gegen Griechenland sein einziges Länderspiel für die Fußballnationalmannschaft der DDR, als er in der 86. Minute für Jörg Weißflog eingewechselt wurde. Zu diesem Einsatz kam er allerdings nur, weil an diesem Tag die DDR-Nationalmannschaft gleich zwei Spiele austrug. Während eine Mannschaft in England antrat, spielte Benkert mit einer zweiten Elf gegen Griechenland und gewann das Spiel mit 1:0. Der Boykott der DDR für die Olympiade in Los Angeles – USA verhinderte weitere Einsätze im Team der DDR Olympiamannschaft für die er zu dieser Zeit Spielführer war.

„Molli“ Benkert war bekannt für seine „Eskapaden“ auf und neben dem Spielfeld. Dafür wurde er von den RWE Fans geliebt und wurde so zur Torhüterlegende des FC Rot-Weiß. Bei der Wahl zum Erfurter Fußballspieler des Jahrhunderts im Jahr 2000 wurde Wolfgang Benkert Dritter hinter Jürgen Heun und Helmut Nordhaus.

Spiele:
269 DDR-Oberliga Spiele
115 DDR Zweitligaspiele
51 Pokalspiele
1 A Länderspiel für die DDR
6 Olympia Länderspiele
3 U21- Länderspiele (DDR)

Erfolge:
1980 - Pokalendspiel (DDR)
1984 - Spielführer Olympiamannschaft
1985 - Intertoto Gruppensieger
1986 - 3.Platz Jahrhundertfussballer FC Rot-Weiß Erfurt“


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Die außergewöhnliche Zuneigung der Rot-Weiß-Fans zu ihrem Torhüter resultierte nicht zuletzt aus einem bei den älteren Erfurtern immer noch allgegenwärtigen Spiel gegen den FC Vorwärts Frankfurt/Oder. Dazu ein Auszug aus dem Buch „111 Gründe, Rot-Weiß Erfurt zu lieben. Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt“:


„Nein, es war nicht einfach nur ein schlechter Tag von Schiedsrichter Peter Müller aus Cottbus. Es war ein ganz mieser! Solch eine Schiedsrichterleistung kannte man in Erfurt nur von den Spielen gegen den BFC Dynamo, aber dies hier war schwer zu überbieten. Dauerhaft einseitige Auslegung von Zweikämpfen zugunsten der Gäste, ungeschickte und arrogante Körpersprache und zum Schluss der Partie dann noch den Erfurter Publikumsliebling mit Rot vom Platz gestellt, wo eine gelbe Karte es auch getan hätte. Doch der Reihe nach:

Die Rot-Weißen als Tabellenachter begannen gegen den Tabellensiebten aus Frankfurt vor den 12.000 Zuschauern engagiert und druckvoll. Es galt für beide Mannschaften, den Anschluss an den attraktiven Platz 4, der zur Teilnahme am Europacup berechtigte, nicht zu verpassen. Aus der Daueroffensive entsprang jedoch nur ein mageres 1:0 durch Jürgen Heun und kurz vor der Pause trafen die Gäste mit einem Sonntagsschuss zum 1:1 Halbzeitstand.

Auch nach der Pause wurden größte Chancen durch Jürgen Heun und Josef Vlay nicht genutzt, und in diese Drangperiode platzte der Frankfurter Führungstreffer aus stark abseitsverdächtiger Position: das Stadion tobte! Und der Schiedsrichter wurde immer unsicherer, ließ sich anstecken von der Hektik. Er versuchte, das Spiel zu beruhigen, allerdings mit einer einseitigen Auslegung zugunsten der Frankfurter Gäste. Dreimal Gelb für Heun, Teich und Göbel, dazu ein Vorwärtsspieler, der den Ball auf der Tartanbahn nicht dem Balljungen überlässt, sondern mit dem Spielgerät provozierend weiter spaziert, ohne dass der Schiedsrichter dieses Zeitspiel ahndet. Auf der gesamten Länge des Blockes 3 wurde von aufgebrachten Anhängern die Bande (damals mit einem aufgesetztem Zaun) nieder gerissen, die Volkspolizei musste aufmarschieren und absichern, dass niemand auf das Spielfeld stürmen konnte. Als es dennoch einige Zuschauer schafften, rannte einer davon auf den Schiedsrichter zu und wollte ihm in einem persönlichen Gespräch die Spielregeln erklären. Aber er kam nicht an Wolfang Benkert vorbei, dem Erfurter Torhüter, der ihn wieder zurück beförderte.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann allerdings der Platzverweis für ebenjenen Benkert. Er hatte in der 83. Minute einen frei auf ihn zulaufenden Frankfurter Spieler mit einem Bodycheck nieder gestreckt, nach damaliger Regelauslegung wäre eine gelbe Karte als Strafe ausreichend gewesen. Was tat Schiedsrichter Müller? Er zog die rote Karte und verwies Benkert des Platzes. Weil die Erfurter bereits zweimal gewechselt hatten, musste nun ein Feldspieler ins Tor: Josef Vlay. Seine Fähigkeiten auf dieser Position waren allerdings nicht sehr ausgeprägt, es folgten in den letzten Minuten noch zwei Tore der Frankfurter zum 1:4-Endstand.

Die Erfurter Spieler und vor allem die Zuschauer ließen sich aber auch durch den Abpfiff nicht mehr zu beruhigen, zu skandalös und offensichtlich parteiisch waren die Entscheidungen des Schiedsrichters! Nach dem Spiel attackierten Erfurter Fußballfans den Bus der Frankfurter, schmissen die Scheiben ein und demolierten diese so stark, dass er erst einmal beim VEB Fortschritt repariert werden musste. Die Frankfurter Spieler und auch das Schiedsrichtergespann konnte nur unter Polizeischutz das Stadion verlassen, es gab Randale und Prügeleien mit der Volkspolizei im Südpark und dann vor allem im Stadtpark. Wer im Fernsehen noch einmal ganz genau sehen wollte, ob das 1:2 nun Abseits war oder nicht, wurde allerdings enttäuscht. In der Sendung Sport aktuell des DDR-Fernsehens wurden keinerlei bewegte Bilder vom Erfurter Spiel gezeigt. Lapidare Begründung: Das Bildmaterial ist in Berlin nicht angekommen. Es konnte wohl nicht sein, was nicht sein darf.“

01.07.2021 \ Historisches